Der Schuldenschnitt für Griechenland – unter Beteiligung von Freshfields-Anwälten als Berater des Bundesfinanzministeriums zustande gekommen.
Diener zweier Herren: Wie Großkanzleien die Bundesregierung in der Eurokrise beraten
geschrieben am 25.07.2012 um 14:44 in Lobbyismus, Transparenz von Martin Reyher
Er könne im Finanzministerium “nicht noch einen Experten für Kirschblütenbestäubung vorhalten”, sagte Peer Steinbrück einmal, weswegen er als Ressortchef regelmäßig externe Fachkräfte engagierte, und zwar nicht nur in Fragen der Kirschblütenbestäubung: In Sachen Bankenrettung beispielsweise entstand während Steinbrücks Amtszeit kaum ein Gesetzentwurf ohne die Mitwirkung außerministerieller Berater. Allein im Jahr 2008 summierten sich die Rechnungen des Finanzministeriums für Anwalts- und Beratungshonorare auf 12,5 Millionen Euro.
An der Lage hat sich seitdem wenig geändert. Es ist Krise, und zu deren Bewältigung vertraut auch die schwarz-gelbe Bundesregierung auf die Expertise hoch spezialisierter Fachleute aus der Privatwirtschaft. Aus einer Antwort der Bundesregierung an den CSU-Bundestagsabgeordneten Peter Gauweiler geht nun hervor, auf wessen Dienste die Regierung in der Eurokrise zurückgreift:
Die Bundesregierung hatte externen Sachverstand in Form von Gutachten, Studien oder sonstigen Beratungsleistungen … von der Firma Freshfields Bruckhaus Deringer eingeholt,
schrieb Finanzstaatssekretär Steffen Kampeter am 18. Juni 2012 an den “sehr geehrten Kollegen” Gauweiler. Die internationale Großkanzlei habe ihre Expertise in das “sogenannte Gesamtpaket zur Sicherung der Finanzstabilität in der Eurozone” eingebracht. Konkret ging es laut Kampeter um die “europaweite Einführung von Klauseln in die allgemeinen Bedingungen für Staatsanleihen, die eine Änderung der vereinbarten Leistung sowie die Rechte und Pflichten des Schuldners und der Gläubiger (Anleihebedingungen) durch Mehrheitsentscheidungen ermöglicht.”
Beim vorläufigen Euro-Rettungsschirm EFSF und dem dauerhaften ESM ließ sich die Bundesregierung außerdem von der Kanzlei Hengeler Müller beraten, wie aus Kampeters Schreiben, das abgeordnetenwatch.de vorliegt, hervorgeht. Die Anwälte hätten an der “Dokumentation und Vorbereitung der Einsatzfähigkeit des Euro-Rettungsschirms” und bei der Änderung des EFSF-Rahmenvertrags mitgewirkt.
Über die Höhe der Beraterhonorare schweigt der Staatssekretär in seiner Antwort. Diese unterlägen dem Betriebs- und Geschäftsgeheimnis, eine “unbefugte Offenlegung eines Honorars” durch Amtsträger stehe unter Strafe. Selbstverständlich sei bei den Auftragsvergaben an Freshfields und Hengler Müller alles mit rechten Dingen zugegangen.
Insbesondere Freshfields Bruckhaus Deringer, mit rund 2.500 Anwälten eine der weltweit größten Wirtschaftskanzleien, ist so etwas wie der Haus- und Hofadvokat der Bundesregierung:
- Die Gesetzentwürfe und die Verordnung zum Finanzmarktstabilisierungsgesetz – unter Finanzminister Steinbrück komplett von den Freshfields-Anwälten ausgearbeitet.
- Der Schuldenschnitt für Griechenland – unter Beteiligung von Freshfields-Anwälten als Berater des Bundesfinanzministeriums zustande gekommen.
- Der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) – maßgeblich von Freshfields beraten.
- Die dem Finanzministerium unterstellte Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) – bei den Griechenland-Hilfen juristisch von Freshfields vertreten.